Das Coronavirus ist aktuell das alles beherrschende Thema. Nicht nur in Deutschland, sondern praktisch weltweit. Stand 13.3.2020 hat sich das Virus in über 115 Ländern weltweit ausgebreitet.
Die Reaktionen in den einzelnen Ländern hierauf sind recht unterschiedlich und man kann natürlich immer über die Angemessenheit der Mittel diskutieren. Genau dies kann und will ich jedoch nicht beurteilen und vertraue weitgehend auf den Rat der Experten.
Unabhängig davon, wie sich dieses Thema weiterentwickelt, steht eines bereits jetzt fest: Der wirtschaftliche Schaden ist enorm und der Umfang heute noch nicht absehbar. Für Deutschland als Exportnation brechen (temporär) wichtige Märkte weg. Produkte können teilweise nicht fertiggestellt werden, da Lieferketten unterbrochen sind. Veranstaltungen, Messen und vieles mehr sind abgesagt. Schulen werden geschlossen und vieles mehr. Das öffentliche Leben kommt ein Stück weit zum Erliegen.
Ein kleines Beispiel:
Die Exportquote der deutschen Automobilindustrie lag bei 65 % in 2018. Über 285.000 Autos wurden von Deutschland nach China exportiert. Bei VW beträgt der Anteil am Absatz beispielsweise 28 %. Im Februar 2020 ist auf Grund des Coronavirus der Automobilabsatz in China um 92 % gegenüber Vorjahr eingebrochen.
Wertmäßig übersteigen die deutschen Importe aus China unsere Exporte erheblich. Das Handelsbilanzdefizit mit China beläuft sich 2019 auf 13,65 Mrd. €. Die Importe betreffen nicht nur Konsumgüter, sondern auch wesentliche Teile, die in der Produktion deutscher Produkte notwendig sind. Die Lieferketten (Supply Chain) sind gestört. Nach einem Bericht des finance-magazin betrifft dies bereits 81 % der produzierenden Unternehmen in Deutschland.
Diese Themen werden sich auch nicht kurzfristig entzerren. Aktuell dürften die letzten Schiffe aus China mit Waren in deutschen Häfen angekommen sein, die noch vor Stilllegung der Produktion produziert und verladen wurden. Geht die Produktion in China wieder los, dann wird es einige Wochen dauern, bis diese Waren in Deutschland ankommen (Ausnahme: sehr teure Luftfracht) und in die Produktion eingebracht werden können. Ein Containerschiff benötigt für die Fahrt von China nach Deutschland ca. 4 Wochen. Produktionsdauer, Verladezeit, … nicht berücksichtigt.
Die Unternehmen in zahlreichen Branchen haben es also zu tun mit dramatisch wegbrechenden Umsätzen bei gleichzeitig steigenden Kosten im Zusammenhang mit dem Aufbau alternativer Lieferantenstrukturen und Transportwegen sowie hoher Unsicherheiten in der Möglichkeit der Aufrechterhaltung des eigenen Geschäftsbetriebs vor dem Hintergrund des Infektionsrisikos eigener Mitarbeiter. Eine dramatische Situation, die für zahlreiche Unternehmen existenzbedrohend werden dürfte.
Wie hilft der Bund?
Die Bundesregierung hat nun ein „Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen“ aufgespannt. In einer gemeinsamen Presserklärung vom 13.3.2020 haben Bundeswirtschaftsminister Altmaier und Bundesfinanzminister Scholz ein „Maßnahmenpaket zur Abfederung der Auswirkungen des Corona-Virus“ vorgestellt.
Scholz: “Wir haben die finanzielle Kraft, diese Krise zu bewältigen. Es ist genug Geld da und wir setzen es ein. Wir ergreifen alle notwendigen Maßnahmen, um Beschäftigte und Unternehmen zu schützen. Darauf kann sich jede und jeder verlassen.“
Altmaier: „Oberstes Ziel der Wirtschaftspolitik in dieser Lage muss nun sein, Unsicherheit abzubauen. Kein gesundes Unternehmen sollte wegen Corona in die Insolvenz gehen, kein Arbeitsplatz sollte verloren gehen. Wir spannen daher ein umfassendes Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen. Ein zentrales Instrument bilden umfassende Liquiditätshilfen und Expressbürgschaften für Unternehmen.“
Das Maßnahmenpaket sieht neben einer Flexibilisierung des Kurzarbeitergeldes und Steuerstundungen für Unternehmen vor allem verbesserte Bedingungen für liquiditätserhaltende Kredite vor. „Mit neuen und im Volumen unbegrenzten Maßnahmen zur Liquiditätsausstattung schützen wir Unternehmen und Beschäftigte.“
Das hört sich zweifelsfrei sehr gut an und suggeriert, dass Unternehmen es sehr leicht haben, an finanzielle Mittel zu kommen, um die (noch nicht abschätzbaren) Folgen der Corona-Krise zu überbrücken.
Im Wesentlichen setzt die Förderung auf bestehenden und etablierten Kreditprogrammen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und Erleichterungen der Bürgschaftsbanken auf. Die Neuerungen für Großunternehmen (bis 5 Mrd. € Umsatz) lasse ich hier bewusst aus. Für den „typischen Mittelstand“ gibt es die folgenden wesentlichen Neuerungen und Rahmenbedingungen:
Zielgruppe |
Etablierte Unternehmen, die mind. 5 Jahre am Markt sind |
In- und ausländ. Unternehmen mit Umsatz bis (bisher) max. 2 Mrd. € |
Gründer und junge Unternehmen bis 5 Jahre |
Programm |
KfW-Unternehmerkredit |
KfW-Kredit für Wachstum |
ERP-Gründerkredit universell |
Bisher |
Für Unternehmen bis max. 500 Mio. € Gruppenumsatz
Max. bis 25 Mio. € je Vorhaben und max. 5 Mio. € für Betriebsmittel bei max. 50 % Haftungsfreistellung für die Hausbank (à 50 % Haftung KfW) |
Konsortialkredit für Investitionen und Betriebsmittel in den Bereichen Innovation und Digitalisierung
Für Unternehmen bis max. 2 Mrd. € Umsatz Finanzierung max. 70 % der Kosten.
Risikoanteil KfW 7,5 – 100 Mio. €.
KfW beteiligt sich in gleicher Weise wie andere Banken an Fremdkapital und darf nicht größter Kreditgeber werden à somit Risikoanteil KfW max. 50 % (bei 2 Kreditgebern), 33,3 % bei 3 Kreditgebern, … |
Max. 25 Mio. € je Vorhaben
Risikoübernahme KfW mit 50 % möglich |
Neu |
Risikoübernahme bis zu 80 % für Betriebsmittelkredit bis 200 Mio. € Öffnung der Haftungsfreistellung auch für große Unternehmen bis 2 Mrd. Gruppenumsatz |
Temporäre Erweiterung auf allgemeine Unternehmensfinanzierung und Betriebsmittel im Wege der Konsortialfinanzierung
Erhöhung Umsatzgrenze für antragsberechtigte Unternehmen auf 5 Mrd. €
Erhöhung Risikoübernahme KfW auf max. 70 % |
Risikoübernahme der KfW bis 80 % möglich für Betriebsmittelkredite bis max. 200 Mio. €
Öffnung der Haftungsfreistellung auch für Großunternehmen mit einem Jahresumsatz bis 2 Mrd. € |
Des Weiteren sind in den einzelnen Bundesländern Bürgschaftsbanken da, um Risiken für die Hausbanken zu übernehmen um damit ggf. eine Kreditvergabe der Hausbanken an die Unternehmen zu ermöglichen.
Der Bürgschaftshöchstbetrag wird dort auf 2,5 Mio. € verdoppelt. Der Bund wird seinen Risikoanteil bei den Bürgschaftsbanken um 10 % erhöhen, damit die in der Krise schwer einzuschätzenden Risiken leichter geschultert werden können. Die Obergrenze von 35 % Betriebsmitteln am Gesamtobligo der Bürgschaftsbanken wird auf 50 % erhöht. Um die Liquiditätsbereitstellung zu beschleunigen, eröffnet der Bund die Möglichkeit, dass die Bürgschaftsbanken Bürgschaftsentscheidungen bis zu einem Betrag von 250.000 Euro eigenständig und innerhalb von 3 Tagen treffen können.
Hilft das den Unternehmen wirklich?
Diese Förderungen sind – auch im Hinblick auf die sehr schnelle Entscheidung – wirklich bemerkenswert und ein starkes Zeichen. Die Wirksamkeit wird aber ganz wesentlich von der Hausbank abhängen.
Alle Förderungen haben einen ganz wesentlichen Aspekt gemeinsam: Es verbleibt bei der Hausbank ein Risikoanteil von mind. 20 %.
Eine häufige Fehleinschätzung liegt auf Unternehmerseite in der Annahme, dass die KfW oder Bürgschaftsbank doch 80 % des Risikos übernimmt und damit die Hausbank und der Unternehmer nur noch 20 % des Risikos zu tragen hätten. Somit müsse es doch ausreichend sein, wenn der Unternehmer/das Unternehmen die verbleibenden 20 % besichert. Dies ist leider falsch!
Zum Einen haftet der Kreditnehmer immer für 100 % des Darlehens. Zum Zweiten haften alle Sicherheiten, die für den Kredit zur Verfügung gestellt werden, in gleichem Umfang für KfW/ Bürgschaftsbank und Hausbank in Relation zum übernommenen Risiko. Also, bei 80 % Risikoübernahme durch KfW, „gehören“ 80 % der Sicherheiten auch der KfW. Im Insolvenzfall werden die Sicherheiten verwertet und vom danach verbleibenden Restbetrag bleiben 80 % des Ausfalls bei der KfW und 20 % des Ausfalls bei der Hausbank hängen.
Im Ergebnis heißt dies schlichtweg: Ein Unternehmen, das jetzt auf Grund der Corona-Krise in eine Liquiditätskrise gerät, muss der Hausbank (über die die Kredite beantragt werden müssen) für dieses Risiko „gut“ sein. Und das auf Basis einer momentan absolut nicht seriös einschätzbaren Situation hinsichtlich der Zukunftsaussichten in den nächsten Monaten.
Hausbank und KfW/Bürgschaftsbank benötigen für die Kreditentscheidung eine Unternehmensplanung, bei allen verständlichen Schwierigkeiten in der momentanen Situation eine seriöse Planung zu erstellen, an der sich das Unternehmen in der Folge messen lassen muss.
Es wird kaum etwas anderes übrig bleiben, als für die zu erstellende Planung Annahmen zu treffen und diese genau zu benennen. Hieraus ergeben sich dann Planprämissen, denen die gesamte Planung zu folgen hat.
Sollten sich die Annahmen nicht bewahrheiten, so ist dies für alle nachvollziehbar, weshalb sich das Unternehmen anders entwickelt als geplant.
Im Umgang mit der Hausbank ist Offenheit und somit eine gute Vertrauensbasis sowie Transparenz und damit Nachvollziehbarkeit der geplanten Maßnahmen wesentlich.
Zwingend müssen die Banken prüfen, dass (perspektivisch) die Fähigkeit gegeben ist, allen Verpflichtungen (nicht nur Zins und Tilgung) nachzukommen. Die diesbezügliche Beurteilung wird die Banken vor große Herausforderungen stellen. Dies auch vor dem Hintergrund insgesamt erheblich steigender Risiken.
Für Unternehmen ohne hinreichende Substanz dürfte es eng werden. Die Banken werden nur begrenzt Risiken aufnehmen können.
Wichtig ist es m.E. generell im Bankengespräch möglichst professionell und gut vorbereitet aufzutreten. Ein Finanzierungswunsch ohne ein konkretes Szenario ist praktisch nicht darstellbar.
Sie müssen also:
· möglichst fundierte Annahmen treffen
· darauf aufbauend schlüssig planen
· Kontakt mit Ihrer Hausbank aufnehmen
· sich trotz einer weitgehenden, möglichen Haftungsübernahme von KfW/Bürgschaftsbank auf die Forderung nach Sicherheiten einstellen
Möglicherweise macht auch externe Unterstützung in dieser Situation Sinn.